Digitale Schulbücher – ah so….

Liebe Leser,

nachdem ich letzte Woche anhänglichen Damenbesuch hatte (Angina war da. Sie klammert so schrecklich. Wir müssen wirklich mal miteinander reden.) stürze ich mich wieder in unsere wunderbare Welt. Übers Wochenende habe ich endlich mit Teachertool die für mich ideale Verwaltungslösung für meine Hardware (iPad und Linuxlaptop) gefunden und Berge von Papier ausgemistet. (Mein Arbeitszimmer scheint schon ein bisschen größer zu sein.)

Voller Elan nehme ich also den nächsten großen Papierhaufen in Angriff: Meine Schulbücher! Ich liebe Bücher und ich mag Schulbücher. Lesen ist immer noch eine Grundlegende Zivilisationstechnik. Als Medien haben sie bei mir einen wichtigen Stellenwert. Immerhin geben die Eltern ja auch ein halbes Vermögen dafür aus und würden mir zu Recht aufs Dach steigen, wenn das gute Chemie- oder Biobuch in der Ecke verstaubte. Aber so ein EPUB-File in meinem digitalen Endgerät, das wäre was feines. (Mein Orthopäde würde mir da zustimmen)

Gut, dass eine Suche bei iBooks oder im Kindlestore jetzt nicht wirklich zum Erfolg führen würde…. aber man will ja nicht hören, dass man es nicht versucht hätte. Also: Schulbuch, iBooks, und Kindle: Essig!

Wohlan, an die Quelle lief der Knabe; ich rufe bei Schroedel an, schließlich sind die ja unter anderem für den guten alten Linder zuständig. (Übrigens hat das Ding einen eigenen Wikipediaeintrag, wie ich gerade feststelle. Cool, oder?)

 Also, ditditditditdit, tuut tuut tuut Bitte wählen sie die 3, blabla…die nette Dame vom Kundendienst meldet sich:

Ich so: Guten Tag, ich bin interessiert daran, wann der Linder als eBook rauskommt!

Sie so: Moment, da muss ich mal eben schauen.

In mir keimt erstaunte Hoffnung auf….die werden doch nicht etwa….

Sie so: Und sie sind interessiert an einer Jahreslizenz?

Ich so: Äh….ich rede von einem eBook, wozu brauch ich da ne Jahreslizenz.

Sie so: Ja, ich rede auch von einem eBook. Aber sie meinen wahrscheinlich eins wie einen Roman.

Ich so: Äh ja, was denn sonst.

Sie so: Nein das machen wir nicht. Da hat sich der Verband der Schulbuchverlage zu entschieden. Da könnten wir uns ja auch gleich abschaffen.

Ein aus dem Brustton der Überzeugung vorgetragenes „Ja“ verkneife ich mir an dieser Stelle, sondern frage tapfer nach den Konditionen. Dabei werde ich auf die Seite digitale-schulbücher.de (ja, mit „ü“) verwiesen. Da schreiben die auf der Seite doch glatt, dass es sich um eine offene Lösung handelt, weil alle beteiligten Verlage in einem einheitlichen Format veröffentlichen. Ich glaube, wir sollten uns da mal über „offene Standards“ unterhalten.Das was ihr da anbietet ist das gegenteil von offen

Zusätzlich wird eine Lizenzgebühr von 8 bis 13 Euro im Jahr fällig. Eine Lizenzgebühr, die nach geltender Rechtsprechung übrigens der Schulträger, sprich der Staat, vulgo meine Steuern, tragen müsste. Herr Minister Dorgerloh, zahlt der Verband ihnen Geld, dass sie das dulden, oder ist ihnen noch nicht aufgefallen, dass die Bildungsressorts der Länder hier um einen Riesenhaufen Geld besch…. erleichtert werden. Ich gehe gutgläubig mal von zweiter Option aus, aber sagen sie nicht, sie seien nicht drauf hingewiesen worden….

Lieber Verband der Schulbuchindustrie,

nur damit klar ist, worum es mir geht: Ich hätte lediglich gern meine Bücher in digitaler Form (schöne Grüße von meinem Orthopäden). Es geht mir nicht darum, dass ihr euch selber abschafft, die Hoffnung habe ich gar nicht. Ich will eure Bücher ja auch nicht digital raubkopieren, das ist verboten und so auch vollkommen in Ordnung. Aber auch dazu gibt es ja technische Möglichkeiten. Nennt sich DRM. Und ja, ich bin auch bereit für qualitativ gute digitale Medien Geld auszugeben. Und ihr habt nichts anderes zu tun, als die Fehler der Musikindustrie zu wiederholen, indem ihr euch an althergebrachte Geschäftsmodelle klammert und indirekt jeden Nutzer digitaler Bücher der Kriminalität bezichtigt. Schaut doch mal nach, wie es der Musikindustrie so geht…

Kapiert? Danke!

Nur so noch, nachdem meine Wut ein klein wenig verraucht ist, stöbere ich weiter auf der Seite des Verbandes für Bildungsmedien. Als ich weiterlese ist mir schnell klar, dass die es anscheinend gar nicht wollen, das digitale Schulbuch:

Da steht doch tatsächlich, dass die Bücher auf Windows- und Macrechnern laufen. (Äähm…ich war auf der Suche nach Büchern…) Ach ja richtig, Beta Testversionen für iOS und Android erscheinen 2013 auf der Didacta. Wow, ich bin beeindruckt, 2013 schon die Testversion! Großartig!

Wahrhaft großartig ist dann noch diese Studie hier, in der kostenlosem Lehrmaterial mangelnde Qualität attestiert wird. Die Studie wird übrigens vom Verband finanziert. *hust*

Ich blicke also weiter auf mein Bücherbrett, das garantiert wenigstens Qualität *doppelhust* und ich musste nur einmal dafür bezahlen. Digitalien scheint irgendwo dahinter verborgen zu sein. Weit weg…

Ratlos verstörte Grüße

Herr Lehrkraft

Alles digital?

Gestern erst wieder war einer dieser hübschen Briefumschläge eines bekannten Schulbuchverlages in der Post – Kaminanzünder par exellence. Aber na gut, ein Blick kann nicht schaden (Die Frage, warum der abonnierte Newsletter des selben Verlages nur einen Bruchteil an Informationen enthält, möchte ich gar nicht nachgehen, der damit einhergehenden Papierverschwendung…..ach lassen wir das!)

Ich öffne also mehr oder weniger neugierig den Briefumschlag, aha, neue Biobücher, neue Auflagen – Kamin! Moooment! Da unten, enndlich der erlösende Hinweis: Unser Lehrbuch jetzt auch als ebook.

Großartig, mein Rücken, mein iPad, ach einfach alles. Das muss ich haben.

Weit gefehlt, denn das digitale Angebot ist nur in Verbindung mit der Printausgabe erhältlich.

Ich will schreiend davonlaufen, der Schnee und mein Mittagessenshunger verbieten es mir. Warum in aller Welt muss ich ein gedrucktes Buch kaufen, wenn ich ein eBook will? Nur damit wir uns nicht falsch verstehen, ich liebe Bücher, bei mir stehen meterweise Romane, und ja ich bin da so altmodisch. Bücher haben eine Geschichte – nicht nur die zwischen den Buchdeckeln, sondern auch die Geschichte mit mir, nur ich und das Buch. Die Geschichte von dem muffigen kleinen Antiquariat in London, an dem Tag als es so schrecklich geregnet hat, und ich in dem Pub gegenüber der National Gallery…

Kurzum, ich hänge an meinen Büchern, aber doch bitte nicht an meinen Schulbüchern. Die verstopfen meine Schultasche, sind immer zu schwer und vergessen tu ich sie auch die halbe Zeit, weil ich meinen Stundenplan mal wieder falsch gelesen habe. (Und jetzt sagt nicht, dass sei euch noch nie passiert…)

Was wäre es ein Traum, alle relevanten Bücher auf meinem iPad (Kindle, wasweißich….) dabei zu haben. Und ich meine jetzt nicht nur die Bücher mit den paar Buchstaben, ich meine zum Beispiel ein Arbeitsbuch, wie es sie seit iBooks2 schon länger für den englischsprachigen Markt gibt, echte Multimediawerke eben. Lernen mit ein paar mehr Sinnen, als die, die man zum wahrnehmen des geschriebenen Wortes benötigt.

Immer noch nicht überzeugt? Wie wäre es dann mit dem Argument, dass meine Schüler nicht mehr an einem (schulbuchmäßig schweren) Tag Physik, Bio und Chemiebuch schleppen müssen.

Genug aufgeregt. Mit einem kleinen Blick auf #didacta (@HerrLarbig twittert Aufschlussreiches) wird schnell klar, dass weder deutsche Schulbuchverlage noch eine kritische Masse Kollegen so schnell vom geliebten Schulbuch wegkommen und die Chancen der „bösen“ Tabletcomputer und Smartphones erkennen.

Solange deponiere ich eben einen Satz Bücher in der Schule und einen am Schreibtisch und gebe Acht, dass mein iPad nicht mit Kreide zustaubt.